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Stefan Mauck . graffiti is not for sale
TZR Galerie Kai Brückner . 12. November 2010 - 8. Januar 2011

Markierungen und Kommentare sind allgegen­wärtig. Bewegen wir uns durch Städte, durch Shopping Malls oder durch private Wohnungen, treffen wir überall auf Kennzeichnungen, Hin­weise und Querverweise. Werbeschriften und Logos zeigen nicht nur an, wo welches Geschäft ansässig ist und wo wir etwas bestimmtes erhal­ten können, sie vermitteln uns zur gleichen Zeit Zustände einer vorhandenen Aufteilung des öffentlichen Raumes.

Im Frühjahr 2009 nahm Stefan Mauck an der Ausstellung »neulicht am see«, kuratiert von Olav Raschke und Marcus Hutter am Ufer des Masch­sees in Hannover teil. Sein Beitrag »Von des schimmernden Sees Traubengestaden her« sah vor, das Maschseeufer, welches durch eine städti­sche Richtlinie grundsätzlich »von Werbung frei zu halten sei« mit einer Kette von Leuchtrekla­men verschiedener Unternehmen zu versehen. Während der Ausstellung provozierten einige Teile der Arbeit eine Vielzahl verbaler Kommen­tare, zwei Teile der Arbeit erfuhren Kommentare in Form von markanten Übermalungen:

€ MAUCK
Bereits nach kurzer Zeit gab es an dem großen, aufwendig hergestellten VW Logo die erste Um­wertung: Durch blaues Übersprühen des W und senkrechtes Fortführen des V mit weißer Farbe ergab sich tagsüber ein Y in weißem Kreis, ein Peace Zeichen. Gegen Ende der Ausstellung erfuhr das Logo eine weitere Veränderung: Mittels Abklebungen und deckend schwarzer Sprühfarbe bearbeiteten Unbekannte das Logo so, dass nun ein großes €-Zeichen sowie die Buchstaben MAUCK als Leuchtschrift zusehen waren. Die Akteure hatten den Künstlernamen recherchiert und ihren Kommentar zum Teil der künstlerischen Arbeit werden lassen. In der Ausstellung tritt diese Kommunikation in Form eines Leuchtkastens auf.

DEICHMANN
Bekannt aus wohl fast allen größeren Städten tauchen die neun Leuchtbuchstaben ihr Umfeld in ein grünes Licht, so auch am Ufer des Masch­sees und weithin sichtbar bis über das gegenü­ber liegende Ufer hinaus - bis Unbekannte die­ser Neubesetzung des Uferbereichs mithilfe deckend schwarzer Sprühfarbe ein Ende setzten. Diese Aktion ist ein Paradox. Gilt allgemein das Sprühen von Buchstaben als Ärgernis und Stö­rung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, ge­schieht hier das Gegenteil: die grellen Buchsta­ben werden offenbar im Umfeld des Naherho­lungsgebietes Seeufer als Störung empfunden und mit Hilfe von Farbspray zum Schweigen gebracht. Die Leuchtmittel arbeiten weiter, aber sie haben es schwer.

HIGH LEVEL, ?, REPS, FUCK SOKO, LAZIO MERDA 100%, ASK
Ergänzend zu der kommentierten Arbeit Maucks presentieren wir neu entstandene, großforma­tige Reliefs, die bereits markierte Gebäude re­konstruieren. Sie dokumentieren die Gebäude selbst in ihrer Erscheinungsform und spiegeln gleichzeitig Bezugsorte des Künstlers wider (Rom, Bern, Braunschweig, Celle) . Dabei geht es dem Künstler nicht um die Wiedergabe be­stimmter Grafftiti oder gar um ein Statement zu Qualitäten, vielmehr geht es um das Zusam­mentreffen einer objekthaften und einer male­rischen Folie und das sich daraus ergebende Verhältnis zueinander.

GRAFFITI IS NOT FOR SALE
Die Arbeit »GRAFFITI IS NOT FOR SALE» ist ebenfalls neu für diese Ausstellung entstanden und geht auf das Jahr 2006 zurück. Die kleinformatige Fotoarbeit mit dem merk­würdigen Ausschnitt zeigt den unteren Teil der Eingangstür der Architektur Galerie Berlin von Ulrich Müller. Der auffällige, gelbe Schriftzug in der Mitte des Bildes war der Anlass für das Foto, aufgenommen durch den Galeristen zur Dokumentation. Ein Unbekannter kommentierte die erste Ausstellung von Maucks Graffitireliefs in Berlin. Der Künstler wurde in seine Schranken verwiesen. Denn Graffiti wollen ungewollt sein, individuelle Markierungen aus dem Abseits öffentlicher Meinungen. Dort wo sie gewollt, sprich legalisiert sind und eine Präsentations­fläche erhalten, verlieren sie ihre agitatorische Sprengkraft, verlieren sie die Möglichkeit, einen schlagkräftigen Kommentar zu setzen. Stefan Mauck war nie Mitglied der Sprayerszene, aber auch er bearbeitet bisweilen öffentliche Flächen als Folie für Markierungen.

Der Künstler unterzieht das gesamte urbane Umfeld in vielfacher Hinsicht einer eher nüchternen Analyse, fußend auf genauer Beobachtung nicht nur von Oberflächen, sondern auch von soziologischen Strukturen. Seine Fragestellungen ähneln denen von Architekten, Stadtplanern und Soziologen und richteten ihre Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichsten öffentlichen Erscheinungsformen privaten Lebens. Dort, wo sich die Schnittfläche beider Bereiche, des Öffentlichen und des Privaten, zu sichtbaren Strukturen kristallisiert, findet Mauck die Themen seiner Kunst.

Stefan Mauck, 1973 in Stade geboren, studierte von 1994-2000 an der Kunstakademie Braun­schweig und war zuletzt Meisterschüler bei Jo­hannes Brus. Seit 1998 erhielt er viele namhaf­te Auszeichnungen und Stipendien, u.a. den Schinkelpreis (2002), das Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium (2004), den Sprengel-Preis für bildende Kunst (2005) und das Villa Massimo Stipendium (2007). In den letzten Jahren waren seine Werke in Einzelausstellungen unter anderem im Kunstverein Ulm, im Kunstverein Celle und im Sprengel Museum Hannover zu sehen. Eine Arbeit des Künstlers tourt zur Zeit mit der Ausstellung „Realismus“, zusammengestellt in der Kunsthalle Emden. In Düsseldorf waren seine Werke zuletzt 2008 in der Kunsthalle am Grabbe Platz zu sehen.
TZR Galerie Kai Brückner