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Stefan Mauck . The families complex
Kunstverein Ulm . 23.8. bis 18. 10.2009
Für den Kunstverein Ulm realisiert Stefan Mauck eine Installation über ein militärisches Gelände in Rheindahlen, einem Stadtteil Mönchengladbachs. Dieser Standort steht demnächst zur Konversion an, das heißt, er soll nach Aufgabe der militärischen in eine zivile Nutzung überführt werden. Im Jahr 1953 wurde in Rheindahlen das Nato-Joint Head Quarter (JHQ) errichtet. Auf einem mehrere hundert Hektar großen Areal wurden unterschiedliche Wohnhäuser zur Unterbringung sowohl des militärischen wie auch zivilen Personals gebaut. Neben Sammelunterkünften für die unverheirateten Angehörigen der hier stationierten, zumeist britischen Streitkräfte lassen sich auf dem Gelände entsprechend der militärischen Rangordnung ungefähr acht Haustypen grob voneinander unterscheiden. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf einen Terminus, den die Britische Armee selbst für den Zusammenhalt der Streitkräfte verwendet. So wird der Begriff der „family“ in diversen Untereinheiten auf die Organisation der militärischen Hierarchie angewandt. Er spielt aber auch in der sozialen Einbettung der Angehörigen eine tragende Rolle. Die Ausstellung wird zwei Erscheinungsebenen haben: einmal Textbilder an den Wänden, die die Architekturformen umreissen und gleichzeitig Inhalte vermitteln sowie andererseits einzelne Haustypen, die modellhaft plastisch ausgeführt werden und als Riesenmobile von der Decke hängen.
Kurzbiografie Stefan Mauck
geb. 1973 Stade, lebt und arbeitet in Braunschweig
1994 bis 2000 Studium an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig, Meisterschüler bei Johannes Brus
2004 Projektstipendium stiftung kunstfonds Bonn
2004-2006 Karl Schmitt-Rottluff-Stipendium
2005 Sprengel-Preis für bildende Kunst, Sprengel-Museum, Hannover
2007 Stipendium Villa Massimo Rom
Presseinformation
Geographie, Architektur, Städteplanung - all diese Disziplinen streift der Bildhauer und Installationskünstler Stefan Mauck in seinen Werken. Er stellt sich die Frage, wo und wie Menschen siedeln und wie sie miteinander leben und arbeiten. Wie schafft ihr Handeln die Räume, in denen sie leben und wie wirken diese Räume auf das Leben zurück. Für den Kunstverein Ulm realisiert Stefan Mauck eine Installation über ein militärisches Gelände in Rheindahlen, einem Stadtteil Mönchengladbachs. Dieses Gelände steht demnächst zur Konversion an, das heißt, es soll nach Aufgabe des militärischen Standortes in eine zivile Nutzung überführt werden. Zur Eröffnung der Ausstellung am Sonntag, 23. August um 11 Uhr spricht die Ausstellungsleiterin Monika Machnicki M.A.

Das Material für seine Untersuchungen gewinnt Stefan Mauck nicht aus den Pracht- und Repräsentationsbauten vergangener und gegenwärtiger Zeiten, sondern er nutzt Splitter und Facetten der Moderne/Postmoderne und der Urbanität. Mal löst er Graffiti aus ihrem Zusammenhang und überträgt sie auf Modelle im verkleinerten Maßstab, mal verdeutlicht er die Bedingungen des Wohnens in einer Grossiedlung, indem er sie in einem großen Wand-Textbild lesbar macht, wobei der Text zugleich die Baumasse und Hauskonturen wiedergibt. Auch dem Parkhaus als nicht mehr weg zu denkendem Bestandteil urbanen Lebens widmete Stefan Mauck eine Installation, in der es um das zur Verfügung stellen und Besetzen vom Räumen und Flächen ging, aber auch um die Beziehungen von Menschen zu ihren Autos und damit letztendlich um soziale Bezüge.

Stefan Maucks Installationen könnten man als Betrachtungen über Räume und Orte ansehen. Aleida Assmann hat vorgeschlagen, zwischen Räumen und Orten zu unterscheiden. Raum definiert sie als einen Gegenstand des Machens und des Planens. Er ist plastisch und modulierbar. Der Umgang mit ihm ist zukunftsgerichtet. Der Ort dagegen ist einer, an dem schon gehandelt wurde. Er trägt die Zeichen seiner Nutzung und auch Abnutzung. Legen wir diese unterschiedlichen Zeitperspektiven auf die Installation „the families' complex“ von Stefan Mauck an, so erschließt sich der Ort, das Joint Head Quarter (JHQ) der britischen Armee in Rheindahlen als eine Siedlung, die 1953 nach den damaligen Standards zu dem Zweck errichtet wurde, dem militärischen und zivilen Personal Wohnung zu geben. Auf einem mehrere hundert Hektar großen Areal wurden unterschiedliche Wohnhäuser gebaut. Neben Sammelunterkünften für die unverheirateten Angehörigen der hier stationierten, zumeist britischen Streitkräfte lassen sich auf dem Gelände ungefähr acht Haustypen grob voneinander unterscheiden. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf einen Begriff, den die Britische Armee selbst für den Zusammenhalt der Streitkräfte verwendet. So wird der Begriff der „family“ in diversen Untereinheiten auf die Organisation der militärischen Hierarchie angewandt. Er spielt aber auch in der sozialen Einbettung der Angehörigen eine tragende Rolle. Der individuellen Nutzung der verschiedenen Häusertypen, die sich im Laufe einer Dauer von mehr als 50 Jahren in aller Regel auch außen sichtbar zeigen würde, ist hier eine Hemmung durch die dienstbedingten, häufigen Versetzungen der Bewohner eingebaut.

Die Raumperspektive zeigt sich daran, dass die Hausformen und die Anordnung der unterschiedlichen Haustypen den Vorgaben militärischer Strukturen folgt und damit die innewohnende Hierarchie auch an den Häusern und ihrer Stellung zueinander ablesbar macht: Mehrfamilienhäuser für Mannschaftsdienstgrade, Doppelhäuser für höhere Dienstgrade und die etwas abseits liegende Villa für den Kommandeur. Stefan Maucks Installation zeigt verschiedene dieser Haustypen als nachgebaute Hausmodelle und - in einer anderen Ebene - als bis zu 300 mal 160 cm große Wandtextbilder. Auf dem Boden wird angezeigt, wie die einzelnen Haustypen auf dem Rheindahlen-Gelände einander zugeordnet sind.

Der Tatsache, dass sich die Nutzung dieser Häuser in absehbarer Zeit ändern wird, trägt Stefan Mauck dadurch Rechnung, dass die Häuser als ein riesiges „Mobilé der Immobilien“ an die Decke des Kunstvereins gehängt werden. Im Prozess der Umnutzung steht der Raumbezug der Anlage wieder im Vordergrund. Mit Begriffen wie nah und fern, oben und unten, zentral und peripher bezeichnen wir nicht nur räumliche Zuordnungen, sondern können auch soziale Bezüge beschreiben und verdeutlichen. Nach Pierre Bourdieu entsteht durch den Prozess der Zuweisung solcher Positionen der soziale Raum, der wiederum auf die Handelnden zurückweist. Gewendet auf die Installation, bedeutet das, dass sich aus der militärischen Hierarchie eine neue soziale Ordnung ergeben wird, in der andere Unterordnungsmechanismen wie z.B. Macht, Geld wirksam werden können. Die soziale Dynamik wird hier in Bewegung umgesetzt.

Für die Stadt Ulm ist diese Installation in besonderer Weise interessant, feiert doch in diesem Jahr die Ulmer Bundesfestung ihr 150.Jubiläum. Nicht nur in bauhistorischer Hinsicht und Funktionsweisen sind die Unterschiede frappant, sondern auch in Bezug auf das Vorgehen: in Ulm waren es vornehmlich Zivilpersonen, die aus Gründen des Denkmalschutzes und Vorstellungen einer städtischen Identität die Ulmer Bundesfestung peu à peu saniert und in eine kulturelle und gewerbliche Nutzung überführt haben. Stefan Maucks „the families' complex“ kann im Gegensatz dazu als ein Muster der heute üblichen Konversion gelesen werden: eine durch öffentliches Interesse getragene, mit Hilfe privater Partner strategisch zu planende Überführung einer militärischen Anlage in eine zivile Nutzung. So treffen in diesen beiden Modellen der „homo conservator“ und der „homo investor“ aufeinander, zwei Akteure in der Gestaltung öffentlicher Räume.

Zur Ausstellung erscheint eine Dokumentation.
The families complex

Kunstverein Ulm
Schuhhaussaal
Kramgasse 4
D-89073 Ulm
T +49 (0)731 - 66258

Öffnungszteiten
Dienstag bis Freitag 14 bis 18 Uhr
Samstag und Sonntag 11 bis 17 Uhr

info@kunstverein-ulm.de
www.kunstverein-ulm.de
Kunstverein Ulm
TZR Galerie Kai Brückner